Ab wann beginnt die Softwarewartung?

Softwarewartungsverträgen fehlen erfahrungsgemäß viele Vereinbarungen, die für eine gelungene Softwarewartung geklärt werden sollten. Beispielsweise fehlt oft eine Vereinbarung hinsichtlich des Beginns der durch den Wartungsvertrag abgedeckten Wartungstätigkeiten. Dieser Blogpost enthält die diesbezüglich in der Praxis oft angetroffenen Mängel (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Gewährleistung vs. Wartungsbeginn: Zumindest ein Teil der Wartungstätigkeiten (korrektive und präventive Wartung) sind bereits durch Gewährleistungsansprüche abgedeckt. Diese Ansprüche können auch im B2B Bereich vertraglich nicht ausgeschlossen (nur auf max. 1 Jahr verkürzt) werden. → Es ist in einem Wartungsvertrag daher sinnvollerweise abzuklären, wie inhaltlich und finanziell während der Gewährleistungsphase mit Wartungstätigkeiten umzugehen ist.
  • Gewährleistung für Mängelbehebung vs. Wartungsbeginn: Werden - wie bei Software üblich - innerhalb der Gewährleistungsfrist Mängel entdeckt (z.B. Bugs oder technische Schulden), so beginnt die Gewährleistungsfrist in Bezug auf die mangelhaften Teile von Neuem zu laufen. Insbesondere technische Mängel betreffen oft einen großen Teil der Software. → Wartungsverträge sollten daher abklären, wie zwischen mangelhaften und daher von der Gewährleistung länger betroffenen und nicht mangelhaften Teilen unterschieden wird.
  • Aktualisierungspflicht vs. Wartungsbeginn: Seit 2022 gilt die gesetzlich verankerte Aktualisierungspflicht digitaler Produkte (§ 327f BGB§7 VGG). Wird diese nicht explizit vertraglich ausgeschlossen, so muss Software, so lange es der Kunde erwarten kann, mit Updates versorgt werden - auch zur Aufrechterhaltung des Standes der Technik. Ein Großteil der Wartungstätigkeiten sind somit bereits durch die Aktualisierungspflicht abgedeckt. → Wenn die Aktualisierungspflicht nicht vertraglich ausgeschlossen wurde, ist sinnvollerweise im Wartungsvertrag abzuklären, welchen Einfluss sie auf Beginn, Inhalt und Kosten der Wartung hat.
  • Iterative Inbetriebnahme vs. Wartungsbeginn: Software wird heutzutage oft nicht nur iterativ bzw. inkrementell entwickelt, sondern auch iterativ abgenommen und in Betrieb genommen. Oft liegt die Abnahme und Inbetriebnahme des ersten Teils einer Software viele Jahre vor der vertragsgemäßen Fertigstellung der gesamten Software. Die Gewährleistung und somit auch die Wartung kann aber nicht vor Fertigstellung und somit Gefahrenübergang des gesamten Vertragsgegenstandes beginnen. Den meisten IT-Firmen und Freelancern ist aber nicht klar, dass sie vor bzw. während der Gewährleistung Mängel unentgeltlich beseitigen müssen. → Bei iterativer Inbetriebnahme sollte vertraglich geklärt werden, wie mit vor der Gesamtfertigstellung auftretenden Mängeln umgegangen werden sollte.
  • Weiterentwicklung vs. Wartungsbeginn: Oftmals wird Software laufend weiterentwickelt und diese Weiterentwicklungen betreffen große Teile des bestehenden Codes. Wie auch bei Bugfixes gibt es mit jeder Weiterentwicklung Gewährleistung für die geänderten Teile. Bei laufender Weiterentwicklung sind somit Mängelbehebungen eines großen Teils der Software durch die Gewährleistung abgedeckt und somit nicht Gegenstand der Wartung. → Wartungsverträge sollten daher abklären, wie bei laufender Weiterentwicklung mit den vielen unterschiedlichen Gewährleistungsfristen in einer Software umgegangen werden sollte.

Fazit: Der Beginn der Softwarewartung hängt bei Software oft von vielen unterschiedlichen Gewährleistungsfristen ab. Um finanzielle und rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden sollte das in Wartungsverträgen umfassend und für beide Seiten verständlich geklärt werden.

Weitere typische Mängel von Wartungsverträgen siehe Was fehlt den meisten Wartungsverträgen?

CC BY-NC-SA 3.0 AT Sebastian Dietrich, e-movimento